„KI kann nicht pauschal entlasten“

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Der Einsatz künstlicher Intelligenz (KI) in Schulen könnte Lehrkräfte unterstützen – aber zugleich neue Belastungen mit sich bringen. Viele technische, rechtliche und pädagogische Fragen seien noch offen, sagt KI-Expertin Nina Galla im E&W-Interview.

  • E&W: Fachleute mahnen, Deutschland dürfe beim Thema KI nicht den Anschluss verlieren. Was heißt das für Schulen?

Nina Galla: Wir müssen dringend Tempo aufnehmen, was digitale Mündigkeit und Medienkompetenz angeht – sowohl auf der Seite der Lehrenden als auch auf der Seite der Lernenden. Damit meine ich das Lernen über künstliche Intelligenz, nicht den Einsatz der KI als Mittel, um zu unterrichten. Bei Learning Analytics (s. E&W 11/2019, 7-8/2020) etwa würde ich gerne Tempo rausnehmen, weil viele Lehrkräfte sowie Schülerinnen und Schüler das komplexe Thema KI noch gar nicht vollständig erfasst haben.

  • E&W: Wo sehen Sie Chancen von KI-Systemen in Schulen?

Galla: KI-Systeme könnten im Unterricht unterstützen und individuelles Lernen fördern, wenn sie transparent und diskriminierungsfrei wären – was sie aber nicht sind. Deshalb halte ich Vorteile beim Lernen mit Schülerinnen und Schülern im Moment eher für theoretisch. Aber schon jetzt könnten Lehrkräfte KI für organisatorische Aufgaben nutzen: zur Unterrichtsvorbereitung, Stunden- und Vertretungsplanung oder für Übersetzungen bei Elterngesprächen. So etwas sollten Lehrende auch wirklich üben, um die Systeme und ihre Grenzen kennenzulernen. Geht es um den Aspekt Entlastung, muss man aber genau hinsehen: Was sind denn die größten Belastungen für Lehrkräfte – ist es tatsächlich Organisatorisches? Oder sind es die wachsenden Aufgaben und der psychische Druck durch Leistungsbewertungen und Selektionsprozesse? Dabei kann KI nicht pauschal entlasten.

  • E&W: Was sind Ihrer Einschätzung nach die Risiken der KI in der Schule?

Galla: Ein großes Problem ist die Intransparenz der Systeme: Dadurch könnten sich Diskriminierungen, gesellschaftliche Wertungen und Bildungsideale einschleichen, die von außen oft nicht zu erkennen sind. Wir würden Schülerinnen und Schüler dann auch dazu erziehen, Systementscheidungen anzunehmen, die nicht hinterfragt werden können. Das ist nicht unser bisheriges Verständnis von Medienkompetenz. Man muss sich das am Beispiel eines multiprofessionellen Teams vorstellen: Eine Lehrerin bekäme einen Partner an die Seite gestellt, der weder sagt, wo er ausgebildet wurde, noch welche pädagogischen Konzepte er anwendet und wie er zu seinen Bewertungen kommt.